Scheinflugplatz Midlum
Bereits während der Zeit vor dem II. Weltkrieg wurde der ehemalige Luft-
schiffhafen Nordholz, zu seiner Zeit größter deutscher Kriegszeppelinstütz-
punkt, zum Luftwaffenstützpunkt eingerichtet. Zu seinem Schutz vor feind-
lichen Nachtangriffen wurde im Jahre 1939 zu Kriegsbeginn bei Midlum-
Kransburg ein Scheinflugplatz eingerichtet. Der Platz befand sich östlich
des heutigen Kransburger Sees in einem weitläufigen Heidegebiet, wel-
ches heute von der Autobahn A 27 durchschnitten wird.
Ausgerüstet wird er mit allem, was den Flughafen Nordholz ausmacht, als da sind: Startbahnen, Tanklager
mit sieben Großtanks, Gebäuden, alles dieses nach der Art der Potjemkinschen Dörfer. Echt an der gesam-
ten Anlage allein ist die Anflug- und Landebahnbefeuerung, sowie ein Bunker, welcher über Telefon mit dem
Flugplatz in Nordholz verbunden ist.
Der Bunker diente als Unterstand für das Bedienpersonal des Platzes,
den so genannten `Einschalter´. Ihm unterstand die Bedienung der Be-
feuerung, sowie diverser auf dem Gelände plazierter Brandsätze. Von
Nordholz her über feindliche Anflüge verständigt, war es seine Aufga-
be, kurzzeitig die Befeuerung einzuschalten, um so das Landen eines
Flugzeuges zu simulieren und die Angreifer anzulocken. Während des
Angriffes wurden dann vom `Einschalter´ die Brandsätze gezündet, um
Gebäude- oder ähnliche Brände zu simulieren.
Dass dieses mehrfach funktioniert haben muss, geht aus einem Ein-
trag für das Jahr 1943 in der Wremer Chronik hervor: "...Im folgenden
haben wir Feindflüge über unserem Gebiet..., am 03.03. (20.30 - 22
Uhr und 24 - 1 Uhr). Leuchtbomben standen am Himmel, der auch von in Brand gesetzter Heide bei Krem-
pel und dem dortigen getroffenen Scheinflugplatz erhellt war..."
In vielen Fällen fielen daraufhin die Bomben tatsächlich in die Heide. Auf einer Luftaufnahme von 1945 sind
Bombentrichter zu erkennen und westalliierte Unterlagen melden das Vorhandensein einer "boundary light-
ing".
"Der Bunker soll zwar so gebaut gewesen sein, dass "leichte Bomben-
wirkung" ihm nicht schaden konnte, trotzdem muss es eine ziemliche
Nervenbelastung gewesen sein, die Bomben herunterrauschen zu hör-
en, und dann - die mörderischen Einschläge.
Ein Unteroffizier, der am längsten diesen Strapazen ausgesetzt war, ist
mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden."
Nach dem Krieg diente der Platz bis 1946 als Munitions-Sprengplatz
der britischen Besatzungstruppen und wurde anschließend wieder
land- und forstwirtschaftlich genutzt. Ab 1979 wurde der Platz systema-
tisch nach Munition abgesucht. 1994 wurde die Gefährdungsabschät-
zung des Landes nach Voruntersuchung beendet. Die Empfehlung war:
Überwachungs-, Sicherungs- und Sanierungsbedarf. 1996-1997 erfolgte noch eine Räumung und Sanierung
der Sprengtrichter.
Ab 1975 wurde mit dem Bau der Autobahn zwischen Bremerhaven und Cuxhaven der Bereich des ehemali-
gen Scheinflugplatzes geteilt. Eben an dieser Stelle wurde während des Kalten Krieges die Autobahn zum
Notlandeplatz ausgebaut, welcher bislang noch als letzter in Deutschland baulich erhalten geblieben ist.
Heute befindet sich dort westlich der Autobahn ein Windgeneratorenfeld und östlich der Hohensteinsforst.
Bilder
Abspann
Dank an
•
Robert Borm, Bremerhaven
•
Hein Carstens: "Schiffe am Himmel" - Der frühere Luftschiffhafen Nordholz im Wandel der Zeiten,
herausgegeben von den "Männern von Morgenstern" - Heimatbund an Elb- und Wesermündung -,
Bremerhaven 1989
•
Geschichtsspuren.de
•
Johann Möller: Chronik der Gemeinde Wremen, Bd. III
•
Jürgen Zapf
Erstveröffentlicht: cuxpedia.de